Die tragische Geschichte einer nepalesischen Familie

Nachrichten, die in deutschen Medien nicht erschienen – Teil 6

Zwei Söhne tot, einer in Lebensgefahr, der vierte Sohn soll dennoch beschnitten werden:  Die Geschichte der Familie Khan aus Nepal belegt nicht nur die oft verdrängten Gefahren der Beschneidung, sondern zeigt auch, wie schwer es manchen Familien fällt, sich dem religiösen Gruppendruck zu entziehen.

Nachdem der 5jährige Sohn der Familie, Muyoddin, im Februar 2005 gemäß religiöser Tradition beschnitten worden war, starb er durch Verbluten. Sein 7jähriger Bruder Santalat hatte ebenfalls exzessive Blutungen erlitten und wurde in ein Krankenhaus eingeliefert. Er befand sich zum Zeitpunkt des Medienberichtes in kritischem Zustand und es ist nicht bekannt, ob er sich später wieder erholt hat oder ebenfalls starb.

Fünf Jahre zuvor war bereits der älteste Sohn der Familie auf ähnliche Weise nach einer religiösen Beschneidung gestorben. Dennoch erklärte der Vater, Rahamadtulla Khan, dass sein jüngster, zu diesem Zeitpunkt 7 Monate alter Sohn ebenfalls dem Eingriff unterzogen werden müsse. „Ich kann mich nicht gegen meine Religion wenden, auch wenn ich zwei meiner Söhne verloren habe,“ wurde Rahamadtulla zitiert.

Lieben diese Eltern ihre Kinder nicht? – Doch, natürlich tun sie das. Können religiöse Vorschriften und sozialer Druck so stark sein, dass die Elternliebe hinter sie zurücktritt? – Ja, das können sie, doch in diesem Fall spielt noch ein anderer Aspekt eine wichtige Rolle: Wenn Familie Khan nach dem Tod der beiden Jungen entschieden hätte, bei weiteren Söhnen auf die Beschneidung zu verzichten, hätten sie eingeräumt, dass das Ritual auch bei den anderen Jungen verzichtbar gewesen wäre. Die Tode der Kinder wären dann nicht mehr auf einen unabänderlichen Fakt, auf ein unverrückbares religiöses Gebot, zurückzuführen, sondern auf eine bewusste Entscheidung der Eltern, die religiöse Vorgabe zu befolgen – womit sie die Schuld am Tod ihrer Söhne auf sich selbst laden würden.

So kann die Beschneidungspraktik weiterbestehen, trotz schwerwiegender, folgenreicher Komplikationen und trotz der Liebe der Eltern für ihre Kinder. Solange die medizinisch unnötige Knabenbeschneidung nicht ebenso international geächtet wird wie die weibliche Genitalverstümmelung, wird sich an dieser Dynamik wenig ändern.